Mittwoch, 30. November 2011

Blonde "Schneegans" erhält keine Abfindung

Ich gebe zu, schon einige kuriose Urteile oder Urteilsbegründungen gelesen zu haben. doch es gibt immer wieder Richter mit (unfreiwilligem?) "Humor".

Eine Lehrerin erhält von ihrem Chef das durchaus seriös klingende Angebot, künftig an seiner Stelle eine Einrichtung für Berufsbildung zu leiten. Doch davon ist sie gar nicht begeistert, was nun wiederum den Chef enttäuscht. Seine Enttäuschung fasst er in die Worte, sie solle doch nicht so "zickig und bockig" sein. Da sie blond sei, habe sie doch gute Chancen auf den Posten. (Wie er das gemeint hat? - Ich weiß es auch nicht.) Jedenfalls behauptet die Lehrerin, dass er sie auch noch eine "Schneegans" nannte.

Unter Freunden und guten Bekannten, mag ja so eine "lockere" Ausdrucksweise vertretbar sein. Unter Chef und Mitarbeiterin geht es wohl zu weit, oder wie die Lehrerin meinte: Es sei "grob ungehörig". Das müsse sie sich nicht bieten lassen. Deshalb verlangte sie die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses und als Entschädigung eine Abfindung von mindestens 16.200 Euro.

Wie befand das Gericht?

Nun, die Richter erwiesen sich als Naturfreunde: Sowohl die Große Schneegans (Anser caerulescens atlanticus) als auch die Kleine Schneegans (Anser caerulescens caerulescens) seien "äußerst anmutige und ausgesprochen schöne Tiere aus der Familie der Entenvögel", Ohne Zweifel hätten jedoch eine solche Bezeichnung ebenso wie die anderen Anwürfe des Chefs "in einem Personalgespräch nichts zu suchen", heißt es in dem Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts Chemnitz. Die Lehrerin können insofern durchaus die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung einer Abfindung beantragen.

Aber: Der Schulleiter hat ja inzwischen schon längst die Schule verlassen ... also gibt es ja gar keinen Grund für die Lehrerin mehr, ihren Arbeitgeber zu verlassen ... schon gar nicht mit einer Abfindung "in der geltend gemachten exorbitanten Höhe".

Was würden Sie nun anstelle der Lehrerin machen? ... vielleicht einfach mal die Perspektive wechseln und in den Worten des ehemaligen Chefs anstelle einer "grob ungehörigen" Beleidigung den charmanten Vergleich mit den "äußerst anmutigen und ausgesprochen schöne Tiere" heraushören. Bei Friedemann Schulz von Thun kann man das "mit vier Ohren hören und vier Schnäbeln reden" lernen ... ;-)



Quelle: Urteil des LAG Chemnitz, AZ: 9 Sa 103/11

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